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Der risikofreie Zinssatz bei der Unternehmensbewertung

​​​​​​veröffentlicht am 10. Dezember 2025 | Lesedauer ca. 4 Minuten


Jede Schätzung des Unternehmenswertes basiert auf einem einfachen Prinzip: Der heutige Wert hängt von den zukünftigen Cashflows und dem Zinssatz ab, mit dem diese abgezinst werden. Dieser Zinssatz – die Kapitalkosten – geht immer von einer gemeinsamen Komponente aus: dem risikofreien Zinssatz. Ein Fehler bei diesem Ausgangspunkt verzerrt das gesamte Bewertungsmodell.

Theoretisch ist ein Zinssatz nur dann „risikofrei”, wenn er die Rückzahlung des Kapitals und der Zinsen ohne Insolvenz- oder Wiederanlagerisiko garantiert.

In der Praxis ist kein Wertpapier völlig sicher: Der risikofreie Zinssatz ist eine Annäherung, ein Referenzwert, der die Mindestrendite darstellt, die ein Anleger erzielen kann, ohne sich erheblichen Unsicherheiten auszusetzen.

Währungskonsistenz

Das erste Kriterium, das zu beachten ist, ist die Konsistenz zwischen der Währung der Cashflows und der des risikofreien Zinssatzes: Wenn die Cashflows in Euro geschätzt werden, muss der Zinssatz in Euro ausgedrückt werden; wenn die Bewertung in Dollar erfolgt, wird ein Zinssatz in Dollar benötigt, und so weiter. 

Dieser Grundsatz, den Damodaran als „Konsistenzregel” bezeichnet, vermeidet einen ebenso weit verbreiteten wie schwerwiegenden Fehler: die Vermischung von Renditen in verschiedenen Währungen.
Der risikofreie Zinssatz darf nicht das Risiko des Landes widerspiegeln, in dem das Unternehmen tätig ist, sondern nur das Risiko der Währung, in der die Cashflows ausgedrückt sind.

Für ein europäisches Unternehmen kann es beispielsweise angemessen sein, die Rendite langfristiger deutscher Staatsanleihen zu verwenden, die als die „sichersten” der Eurozone gelten.

Der Zeithorizont: langfristig denken

Ein zweiter wichtiger Aspekt ist die Dauer. In einem Bewertungsmodell erstrecken sich die Cashflows über viele Jahre – oft bis ins Unendliche.

Daher ist es sinnvoll, einen risikofreien Zinssatz zu verwenden, der einen ähnlichen Zeithorizont widerspiegelt, d. h. die Rendite langfristiger Staatsanleihen (10, 20 oder 30 Jahre).

Die Verwendung eines kurzfristigen Zinssatzes, wie beispielsweise eines drei- oder sechsmonatigen Wertpapiers, führt zu einer Verzerrung: Kurzfristige Zinssätze unterliegen den zyklischen Schwankungen des Geldmarktes und spiegeln nicht die Renditestruktur wider, die die zukünftigen Cashflows beeinflusst.
Der risikofreie Zinssatz muss hingegen eine langfristige Perspektive darstellen, die mit der Natur der Aktienanlage im Einklang steht.

Wenn die Regierung nicht „risikofrei” ist

Viele Analysten begehen den Fehler, Staatsanleihen automatisch als „risikofrei” anzusehen. Tatsächlich ist das Risiko eines Staatsbankrotts in mehreren Ländern nicht zu vernachlässigen.

Eine Staatsanleihe mit mittlerem oder niedrigem Rating beinhaltet einen Risikospread, der mit der Definition von „risikofrei” im Kontrast steht.

In diesen Fällen muss die Rendite der Staatsanleihe angepasst werden, indem der geschätzte Länderrisikospread abgezogen wird.

Eine andere Möglichkeit besteht darin, einen risikofreien Zinssatz zu rekonstruieren, indem man von einer wirklich sicheren Referenzrendite (wie US-Treasuries) ausgeht und die erwartete Inflationsdifferenz der lokalen Währung hinzufügt.

Real- oder Nominalzinssatz: Was zählt, ist Konsistenz

Ein weiterer entscheidender Punkt ist die Kohärenz zwischen Cashflows und Zinssatz. Wenn die zukünftigen Cashflows nominal ausgedrückt sind, müssen sie mit einem nominalen risikofreien Zinssatz abgezinst werden.

Sind die Cashflows hingegen real, d. h. bereits inflationsbereinigt, wird ein Realzinssatz benötigt, der aus inflationsindexierten Staatsanleihen abgeleitet werden kann.

Die Verwechslung der beiden Ebenen ist ein schwerwiegender methodischer Fehler: Die Abzinsung nominaler Cashflows mit einem realen Zinssatz (oder umgekehrt) verfälscht die Werte erheblich und verzerrt das Endergebnis.

„Anomale” Zinssätze und die Versuchung der Normalisierung

In den letzten Jahren haben die Zinssätze für Staatsanleihen oft historische Tiefststände erreicht, in einigen Fällen sogar negative Werte.

Dies hat Zweifel daran aufkommen lassen, ob es richtig ist, solche „anomalen” Werte als Bewertungsgrundlage zu verwenden, da ein sehr niedriger risikofreier Zinssatz dazu neigt, die Unternehmenswerte zu erhöhen.

Laut Damodaran ist es ein konzeptioneller Fehler, den aktuellen Zinssatz automatisch durch einen historischen Durchschnittswert zu ersetzen.

Der Marktzinssatz spiegelt die aktuelle Realität wider, und wenn man davon ausgeht, dass die Zinssätze im Laufe der Zeit wieder auf ein höheres Niveau steigen werden, muss dies ein explizites Szenario sein und keine versteckte Anpassung. Der Schlüssel liegt immer in der Transparenz der Annahmen und nicht in der Suche nach einem „korrekten Zinssatz” im absoluten Sinne.

Märkte ohne verlässliche Benchmarks

In einigen Ländern, insbesondere in Schwellenländern, gibt es keine Staatsanleihen, die als „risikofrei” gelten können.

In diesen Fällen kann ein theoretischer Zinssatz durch die Kombination folgender Faktoren ermittelt werden:
  • ein internationaler Realreferenzzinssatz (z. B. den inflationsindexierten Zinssatz für US-Treasuries);
  • die erwartete Inflationsrate der lokalen Währung.

Das Ergebnis ist ein RF, der mit der Referenzwährung übereinstimmt, auch wenn es keine vollständig sicheren Marktinstrumente gibt.

Die häufigsten Fehler

Die häufigsten Fehler bei der Wahl des risikofreien Zinssatzes lassen sich wie folgt zusammenfassen:
  • Verwendung von kurzfristigen Zinssätzen für langfristige Bewertungen;
  • Behandlung aller Staatsanleihen als risikofrei;
  • Verwendung von RF in einer anderen Währung als die geschätzten Cashflows;
  • Vermischung von realen Cashflows und Nominalzinsen;
  • Ignorieren des Länderrisikos in Schwellenländern;
  • „normalisierte” Zinssätze einzuführen, ohne diese ausdrücklich zu begründen.

Fazit

Der risikofreie Zinssatz ist keine Zahl, die man aus Gewohnheit nimmt, sondern eine bewusste Entscheidung, die die gesamte Bewertungsarchitektur definiert.

Er ist der Ausgangspunkt, von dem aus jede Form von Risiko und Rendite gemessen wird. Damodarans Lehre ist einfach, aber tiefgründig: Wichtiger als das Streben nach absoluter Genauigkeit ist die interne Konsistenz des Modells.

Ein methodisch ausgewählter risikofreier Zinssatz, der mit der Währung, der Laufzeit und der Art der Cashflows im Einklang steht, macht die Bewertung nicht nur aus technischer Sicht solider, sondern auch in den Augen des Lesers glaubwürdiger.

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Stefano Damagino

Certified Tax Consultant, statutory auditor (Italien)

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